Warum kostet ein Fotograf so viel?

November 4, 2020

Warum kostet ein Fotograf so viel, vermeintlich….

Heute möchte ich mich einem etwas heiklen Thema widmen. Dieser Beitrag soll Transparenz zwischen Brautpaaren und Hochzeitsfotografen schaffen. Aber auch die Zusammensetzung des Stundenlohns eines/einer Fotografen/in näher bringen.
Was kostet eigentlich eine fotografische Begleitung? Die meisten heiraten in der Regel zum ersten Mal und haben absolut keine Ahnung, wie viel Budget für den Hochzeitsfotografen eingeplant werden muss. Irgendwann werden die ersten Anfragen an Hochzeitsfotografen versendet und spätestens dann kommt das böse Erwachen.
Natürlich gibt es auch bei Fotografen gravierende Preisunterschiede, gemessen an Erfahrung, Qualität der Fotos, Equipment und Auftragslage. Ich kenne Preise von Fotografen, bei denen eine ganztägige Hochzeitsreportage ab 20.000,00 € beginnt, aber auch Newcomer, die bekanntlich kaum Erfahrung haben, dessen Honorar unter 1.000,00 € bleibt. Die Frage stellt sich unter diesen Umständen natürlich auch, was sind mir meine Hochzeitsfotos wert. Vertraue ich einem Fotografen ohne jegliche Erfahrung? Kann er auf alle Lichtverhältnisse gekonnt reagieren? Hat er einen ansprechenden Bearbeitungsstil, kann er richtig fokussieren? Fakt ist, eine Hochzeit zu fotografieren ist die Königsdisziplin in der Fotografie. Man muss besondere Momente als solche erkennen, stets auf der Suche nach dem perfekten Blickwinkel sein, man muss seine Kameraeinstellungen im Schlaf beherrschen, die Lichtverhältnisse richtig einschätzen (Wie positioniere ich mein Brautpaar, damit man dessen Gesichter schmeichelhaft hervorhebt? Stelle ich den Weißabgleich direkt manuell auf der Kamera ein, damit ich dem Brautpaar direkt von der Kamera aus ein paar Fotos zeigen kann, die dem endgültigen Foto ähneln oder korrigiere ich es erst im Nachgang in meinem Bearbeitungsprogramm? Belichte ich mein Bild gerade richtig? Welche Einstellungen muss ich vornehmen im Bezug auf Verschlusszeit, Blende und ISO-Werten?) und natürlich das Fokussieren. Wenn man all die Parameter betrachtet, die man just in dem Moment beherrschen muss und das Ganze unter massiven Zeitdruck, dann wird auch einem Laien bewusst, dass man als Fotograf auch eine gewisse technische Affinität besitzen muss um das Ganze unter Kontrolle zu haben.
Maßgeblich ist natürlich auch die stetige Kommunikation zum Brautpaar, man muss sich dessen bewusst sein, dass man Paare hat, die nicht täglich vor der Kamera stehen und gar nicht wissen was sie tun sollen. Man muss zu Ihnen Vertrauen aufbauen, dass das was sie in dem Moment machen, genau richtig ist und sie sich fallen lassen sollen und dabei kleine Anweisungen geben, damit am Ende ein stimmiges Bild entsteht.
Natürlich hat man stets die Umgebung im Blick, steht vielleicht irgendwo ein Mülleimer, den man nicht sehen sollte oder diverse andere Requisiten, die das Bild gänzlich zerstören könnten? Wie wirkt sich die grüne Wiese im Bezug auf die Reflexion auf die Gesichter meiner Brautpaare aus? Wenn ich einen Grünstich vermeiden möchte, suche ich nach hellen Böden oder Kieselsteinen.

Welche stilistischen Mittel kann ich einsetzen um das Bild schöner zu gestalten, halte ich vielleicht ein Prisma oder ein Grashalm vor meine Linse, damit ich einen kreativen Rahmen für den Vordergrund schaffe? Vielleicht setze ich aber auch ein Blitz für ein Fake Sunset ein, weil draußen gar keine Sonne scheint, mein Brautpaar aber gerne Fotos in der “Golden hour” gehabt hätte.

Damit ist man eigentlich schon wieder beim nächsten Thema, welches nicht planbar ist – das Wetter.
Was macht ein Laie wenn es draußen regnet, bietet er dem Paar ein After Wedding Shooting an oder versucht er daraus noch kreativere Bilder zu machen? Wenn man den zukünftigen Brautpaaren all das vermittelt, dann versteht man auch, dass Fotografieren hohe Kunst ist und viel Erfahrung bedarf.

Woran erkennt man aber einen Profifotograf? Man kann sich ganze Hochzeitsreportagen zeigen lassen, wenn diese nicht auf der Homepage aufgeführt sind und das würde ich jedem ans Herz legen. Wie sehen die Bilder in einer dunklen Kirche aus, in der Mittagssonne oder beim DJ Licht? Sehen sie stimmig aus, sind die Bilder scharf? Aber darauf würde ich im nächsten Blogbeitrag eingehen, sonst würde das Ganze einwenig ausufern.

Ein Profifotograf muss natürlich auch keine 20.000,00 € kosten, aber auch anhand des Preises kann man es in gewisser Weise messen. Ein Profifotograf in Deutschland verlangt in der Regel einen Stundensatz zwischen 200,00-350,00 € oder darüber hinaus.
Wie kommt man eigentlich auf diesen Stundensatz? Ich kenne Hochzeitsgäste, die Ihr Interesse bezüglich des Preises bekunden wollen und auch ich höre des öfteren Sprüche wie: “So einen Stundensatz hätte ich aber auch gern!” Ich kann nur leicht schmunzeln und mich weiter meiner Arbeit widmen.

Als erstes braucht man natürlich Equipment und davon jede Menge. Dazu ein kleiner Überblick, später werde ich darüber einen separaten Blogeintrag verfassen.

Kameraausrüstung : mindestens zwei Kameras mit doppelten SD-Slot, in meinem Fall sind es

– eine Sony A9, eine  Sony A7RiV- Kaufpreis rund 8000 €
– sechs Brennweiten ( Objektive) 24 mm, 35mm, 50mm, 55 mm, 85mm, 135mm
– Blitze, Sender, Stative; ND Filter, Lichtformer
– Macbook Pro
– iMac Pro
– Xbelt, um beide Kameras gleichzeitig zu tragen
– San Disk Speicherkarten 12 Stück à 64 Gb und 128 Gb
– pro Saison 4 X 4 Tb externer Speicher
– Spyder Pro Bildschirmkalibrierung
– Reinigungstools
– Kamerarucksack
– SD- Karten Etui
– Ersatzakkus
– Drohne
– NAS System ( Spiegelung der SD Platten )
– Laserdrucker/Patrone/ Papier
– Reflektoren/ Lampenschirme
– Styling Blocks für Flatlays
– Unterlagen / Leinwände für Flatlays

Rund zusammen gerechnet über 28.500,00 € (Netto 24.000,00 €, die Umsatzsteuer wird zurückgezahlt bzw. entgegen gerechnet). Stand 2019 ( mittlerweile ist Einiges dazu gekommen) , sodass sich der Betrag auf 35000 € beläuft. 

Software und monatliche Fixkosten:

– Abobe Creative Cloud (Photoshop/ Lightroom/Premiere Pro/InDesign) 59,49 €/ 713,88 € jährlich
– Homepage / Domain 22,55 € monatlich/ 270,60 € jährlich
– Pixieset Online Galerie 20,00 € monatlich/ 240 € jährlich
– Pixelu Smartslides Vorschau 22,00 € / 264,00 jährlich
– Cloud Speicher 120,00 € jährlich
– Hochzeit.management 29,75 € monatlich /357,00 jährlich
– Versicherung Equipment 900,00 jährlich
– Steuerberater ca. 1300,00 €/ monatlich 100,00 €
– Rechtschutzversicherung 24,00 € monatlich /288,00 jährlich
– Berufshaftpflicht 15,00 € monatlich/180,00 jährlich
– Handwerkskammer Beitrag 250,00 jährlich
– Kontoführungsgebühren 10,00 € monatlich/ Kreditkarte 30,00 €
– Postfach bzw. Email 42,00 € jährlich
– Verpackungsgesetz Abgaben jährlich 60,00 €

Gesamtkosten jährlich: 4,525,48 € / monatlich 377,12 €

Bei Kollegen mit einem Studio kommen noch monatliche Kosten für Miete, Strom, Betriebskosten etc. dazu, hiervon nehme ich mich raus, weil ich im Moment im Home Office arbeite. Stand 2019

Mittlerweile bin ich auch eine stolze Besitzerin eines Studios. Dennoch lasse ich die Kosten außen vor, weil sie für die Hochzeitsfotografie nicht relevant sind.

Hier müssten außerdem Anschaffungskosten für Auto/Autoversicherung/Steuer/Benzinkosten sowie Abgaben für Internetnutzung/Anschaffung Handy/Handyrechnungen anteilsmäßig berechnet werden. Da ich diese sowohl privat als auch geschäftlich nutze, gestaltet sich das Ganze komplizierter. Man hat zwar anteilmäßig einen Steuervorteil, die Kosten hat man aber trotzdem.

Sonstiges/ einmalige Investitionen:

– vom Anwalt geprüfter Vertrag/DSGVO 1.200,00 €
– Preislistenvorlage 99,00 €
– Presets für die Bearbeitung der Bilder im ersten Jahr etwa 500,00 €

Marketing / Kundenakquise

– Stand Hochzeitsmesse ( Strom/Teppich/Wlan/ Plaketten für Elektrogeräte) 1.100,00 €
– Messe Mobiliar Miete/ Standaufbau/ Leinwände 500,00 €
– Flyer Erstellung / Druck 90,00 €
– Facebook /Instagram/Google Anzeigen keine Regelmäßigkeit , 2-3 Mal im Jahr 180,00 €
– Hochzeitsguide Vorlage 89,90 € / Druck wesentlich teurer
– Hochzeitsalben für Werbezwecke 100-150 €
– Logoerstellung 600,00 €
– Imagevideo in Planung ( Kosten 2.500-4.000 €)

Für die Auslieferung an den Kunden:

– Fotobox mit USB- Stick 64,00 € pro Kunde
– Fine Art Prints ca. 30-40,00 € pro Kunde
– Danksagung / 3-4,00 € pro Kunde
– Trockenblumen/ Satinbänder 20-30,00 € / 3,00 € pro Kunde
– Postgebühren 7,49 € Auslieferung / 1,49 € Vertrag pro Kunde
– Karton für den Versand 45-60,00 € im Jahr / ca. 1,50 € pro Kunde

Weiterbildung Workshops:

– Destination Weddings 1.790,00 € zzgl. Flüge mit Gepäck 250,00 €
– Workflow von der Hochzeit bis Auslieferung 499,00 €
– Blitzworkshop / Benzinkosten 1.100€

Alle Angaben ohne Gewähr, die Preise ändern sich permanent und müssen individuell betrachtet werden. Kleinunternehmer erheben keine Umsatzsteuer und bekommen entsprechend keine zurückerstattet. Versicherungen werden individuell berechnet, sowie die Ausgaben für den Steuerberater. Die Beiträge der HWK sind außerdem von der Region anhängig, wie einige andere Dinge auch.

 

Zeit – das kostbarste Gut:

Welche Zeit investiert ein Fotograf um überhaupt an seine Kunden zu kommen, seine Zielgruppe zu definieren, Reichweiten aufzubauen und sichtbar für suchende Brautpaare zu werden?

Als aller Erstes baut man sich ein Portfolio auf, bei dem man selbstverständlich kein Honorar verlangen kann. Man kontaktiert Brautleute, die man eventuell fotografieren könnte, plant die Shootings, fotografiert vor Ort und bezahlt gegebenenfalls alle Aufwendungen wie Brautstyling, Blumenstrauß, Anreisekosten, und Gebühren für die Nutzung der Location. Man bearbeitet stundenlang die Fotos und liefert diese an die Models aus, sie wollen ja schließlich auch etwas davon haben. Die gesamte Zeit ist gar nicht messbar. Man fotografiert Hochzeiten von Freunden und Bekannten, übt sich an der Landschaftsfotografie, Architekturfotografie und Langzeitbelichtungen und schließlich auch an der Beauty- und Portraitfotografie.

Man schaut sich unendlich viele YouTube Tutorials an um den ganzen Mechanismus einer Kamera bzw. des Bildbearbeitungssystems zu verstehen. Wie sortiert man eigentlich Bilder, wie retuschiert man Hautunreinheiten, wie arbeitet man mit Presets, wie kann man die Oberarme dünner machen, wie entfernt man Augenringe? Danach kommt die Stilfindung – Was ist mein Alleinstellungsmerkmal, wie möchte ich meine Bilder bearbeiten? Werde ich eine bright and airy (hell, Fine Art) Fotografin oder moody (düster, mit Körnung, Entsättigung des Grüns)? Bin ich die Natürliche mit kontrastreichen Grün und Rot oder gehe ich in die Boho-Richtung mit warmen Farben, entsättigten Grün etc.?

Dafür braucht man Zeit, viel Zeit…

Um herauszufinden was man möchte und was am besten zur eigenen Zielgruppe passt. Wenn man soweit ist und genug Portfolio hat, baut man sich eine Homepage mit Texten, Fotos, SEO, Metadaten und Alt-Attributen. Man erstellt Backup – Links und versucht irgendwie an seinem Google-Ranking zu arbeiten. Plötzlich ist IT- Wissen gefragt, dabei wollte man doch eigentlich nur fotografieren.
Man setzt sich mit Themen wie Templates, WordPress, Baukasten und Plugins auseinander. Zwischendurch überlegt man sich die Webseite von einem professionellen Grafikdesigner erstellen zu lassen, kurze Zeit und 3 Angebote später fällt man wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich kann mir das erst leisten, wenn ich bereits Geld mit der Fotografie verdiene. Da beißt sich die Katze in den Sack, du musst sichtbar werden für deine Kunden mit einer Homepage, aber die kostet richtig Geld. Du hast aber noch gar kein Geld verdient um dieses ausgeben zu können. Schließlich musst du auch in andere Dinge investieren, ohne Equipment kannst du nicht arbeiten und das wiederum kostet viel Geld.
Also nutzt du jede freie Minute um deine Homepage an den Start zu bringen. Dafür habe ich in etwa anderthalb Wochen gebraucht und peu a peu alles angepasst. Zeit die keiner bezahlt hat, ich dennoch investieren musste.

Außerdem brauchst du ein Vertrag, der ist wichtig, am besten vom Anwalt geprüft und auf deine Bedürfnisse angepasst. Auch da wird ziemlich schnell klar, es kostet richtig viel Geld, solche Dienstleister in Anspruch zu nehmen.

Es muss ein Business Plan her – Wie viel muss ich eigentlich verdienen um die monatlichen Fixkosten meines Unternehmens zu decken, Equipment anzuschaffen, mich zu versichern, mich weiterzubilden und zu vermarkten? Um die Kranken- und Pflegeversicherung, Auto, Handy, GEZ, Miete und Rentenversicherungen zahlen zu können? Und zu guter letzt das gnädige Finanzamt. Ich habe vorgearbeitet, indem ich Betriebswirtschaft studiert habe.
Aber mal eine kurze ernsthafte Frage: wie viel Prozent der selbständigen Fotografen haben sich jemals mit Steuerrecht, Abschreibungen, Umsatzsteuervoranmeldungen und einer Steuererklärung auseinandergesetzt? Spätestens dann fällt der Groschen – man braucht unbedingt einen Steuerberater. Als mir bewusst wurde, dass meine Kolleginnen jährlich von 300-2.000 € für einen Steuerberater ausgeben, visualisierte sich der Stundenlohn, den ich verlangen muss um zu überleben, fernab von jeglichen Luxusgütern.

Einem Unternehmer muss bewusst sein, dass wenn er eine Kamera im Wert von 4.000 € anschafft und diese 5 Jahre lang abschreibt, er 800,00 € steuerfrei absetzen kann, der Rest, also in dieser Beispielrechnung 3.200,00 € muss versteuert werden, obwohl ihm dieses Geld gar nicht mehr zur Verfügung steht, dann kommt die Liquidität ins Spiel. Du musst im Stande sein trotzdem diese Steuern zahlen zu können. Du kannst zwar im darauffolgenden Jahr wieder 800,00 € abschreiben, aber was nützt dir das wenn du gerade ein Unternehmen gründest.

Nehmen wir mal an, ein Fotograf verlangt 2.000,00 € für eine 8-stündige Begleitung. Die Zahl lässt sich einfach rechnen. Wenn das Geld auf deinem Konto eingeht, führst du zum Ende des Monats die 19 % Umsatzsteuer ab. Somit bleiben rund 1.680,00 €. Von diesem Betrag legst du dir ca. 20 % fürs Finanzamt weg, der Gewinn wird versteuert und wenn du über eine Grenze hinaus verdient hast wird auch die Einkommenssteuer fällig. Abzüglich dessen, können wir von einem Nettoverdienst von 1.344,00 € sprechen. Davon ziehst du die Kosten, die du für die Auslieferung an den Kunden aufwendest (siehe oben) ab, zusammengerechnet sind es rund 116,00€ (Netto 97,50 €). Die Umsatzsteuer wie bereits oben erläutert bekommst du mit der Steuer aus deinen Einnahmen entgegengerechnet. Damit wären wir bei einem Verdienst von 1.246,50 €. Von diesem Betrag müssen anteilsmäßig die monatlichen Fixkosten runtergerechnet werden. Den endgültigen Betrag kann man durch die Anzahl der Stunden rechnen, bis man von einem tatsächlichen Stundenlohn sprechen kann (von den ursprünglich aufgerufenen 2.000,00 € für 8 Stunden (250 € die Stunde)). Aber dazu müssten wir uns erst einmal klar machen, wie viele Stunden arbeitet ein Fotograf an einem Auftrag?

 

Wie viele Stunden arbeitet ein Fotograf von der Anfrage bis zu Auslieferung ?

Sagen wir mal wir rechnen die Zeit, die man für Kundenakquise, Branding, Networking, Buchhaltung, Steuern, Homepage Aktualisierung, Vermarktung und Weiterbildung hat nicht dazu. Ohne diese Tätigkeiten kann man zwar kein Unternehmen führen und sie gehören definitiv dazu, allerdings müssten diese gesondert berechnet werden. Im Grunde genommen bleiben wir bei den tatsächlichen Stunden, die wir pro Kunde brauchen, von der Anfrage bis zur Auslieferung.

Als erstes bekommen wir eine Anfrage. Durchschnittlich schreibe ich mit jedem Paar 7 Emails, hinzu kommen unzählige Telefonate oder WhatsApp Nachrichten, auch nach der Auslieferung der Bilder, weil im Nachhinein Hochzeitsalben bestellt werden, die Kunden sich bedanken wollen, oder oder… Ich fertige die Angebote, Verträge und Rechnungen an, das Ganze würde ich mit 2 Stunden pro Kunde berechnen (eigentlich ist es mehr, aber schlecht messbar).

Kurz nach der Anfrage findet das Brautpaargespräch statt (2-2,5 Stunden plus Anfahrt und Abfahrt), sagen wir mal round about 3 Stunden. Manchmal ist es mehr, manchmal weniger, aber ich gehe jetzt mal von einem Durchschnitt aus.

Vorbereitungen für die Hochzeit, 10 Batterien laden, 12 Speicherkarten formatieren, Objektive/Kameras reinigen und einpacken. Kameraeinstellungen prüfen, Zeit auf beiden Kameras synchronisieren. Gegebenenfalls mit dem Second Shooter Kontakt aufnehmen. Nochmal alle Adressen und Zeiten durchgehen, das Brautpaar zur endgültigen Absprache kontaktieren…
All das berechne ich mit etwa 1 Stunde.

Bei der eigentlichen Hochzeit (wir gehen in unserem Rechenbeispiel von einer 8-stündigen Begleitung aus, zzgl. An- und Abfahrt) ist bei der Zeit, die wir im Auto verbringen, von einer 20- minütigen Anreise bis zu 5 stündigen An- und Abreise alles dabei. Wenn ich alle Zeiten, die ich der letzten Saison nur für die Anfahrt brauchte zusammenrechne und einen Durchschnitt bilde, liege ich bei 3,5 Stunden.

Zuhause angekommen beginnt die heiße Phase vor dem Rechner. Die Menge an Daten muss gesichert werden – einmal auf der externen Speicherplatte (wobei diese parallel auf einer anderen Platte gespiegelt werden), zusätzlich werden die Bilder bis zur vollständigen Auslieferung auf den Rechner gezogen, und dort gleichzeitig mit der Cloud synchronisiert.
Es werden Kataloge und Ordner im Bearbeitungsprogramm angelegt, dann beginne ich damit die Fotos zu sortieren. Wenn ich 3.000 Bilder auf einer 8-stündigen Hochzeit mache, komprimiere ich das Ganze auf maximal 1.000 Bilder runter. Jedes einzelne Bild muss auf Belichtung, Komposition und Schärfe untersucht werden. Das kann schon mal 3 Stunden dauern, manchmal aber auch 5-6 Stunden, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht und eine kleine Pause benötigt. Deswegen nehmen wir einfach mal einen Durchschnitt von 4 Stunden.

Dann wird jedes einzelne Bild ausgerichtet  (man versucht zwar schon während der Hochzeit gerade zu fotografieren, allerdings spielen manchmal auch andere Faktoren eine Rolle) und manchmal werden die Bilder beschnitten, weil etwas anderes vom eigentlichen Motiv ablenkt. Danach wird ein Preset (auch Vorgabe oder Filter genannt) für verschiedene Lichverhältnisse angelegt. Mithilfe einer Collage ziehe ich mir ein Bild von der Trauung (z.B Kirche), ein Bild vom Getting Ready im Hotelzimmer, ein Bild vom Brautpaarshooting und eins von der Party am Abend auf eine Fläche und versuche die Bilder so stimmig anzupassen, dass die Reportage am Ende ein einheitliches Bild bildet, trotz der unterschiedlichen Lichverhältnisse. Ich synchronisiere die jeweilige Lichsituation mit dem dafür vorgesehenen Preset, passe die Belichtung manuell bei jedem Bild an, passe den Weißabgleich ebenfalls auf jeden Bild an. Das Ganze dauert in etwa 10 Stunden.

Danach kommt die Retusche und diese hat es wirklich in sich und ist bei einer Hochzeitsreportage gar nicht im Preis inbegriffen. Theoretisch müsste ich für jedes Bild 25,00 € extra berechnen, also on top zu dem Gesamtpreis einer 8-stündigen Reportage. Als erstes muss das Bild aus Lightroom in Photoshop importiert werden, dann stempelt man Hautunreinheiten weg, Steckdosen werden entfernt, Oberarme verflüssigt, Zahnverfärbungen werden korrigiert. Bei einer Beautyretusche arbeitet man sogar mit Ebenen und das kostet richtig Zeit.
Ich höre des Öfteren auf Hochzeiten von Gästen und den Brautpaaren: “Aber meine Falten machst du bitte weg, oder kannst du bitte meine Oberarme dünner machen?” Ich muss immer schmunzeln, weil es für alle so selbstverständlich ist, dass ein Fotograf das machen muss. Wir sind aber nicht bei einem Beautyshooting für die Vogue, wo man 2-3 Bilder für eine komplette Strecke braucht und diese professionell bearbeitet werden.
Für ein einziges Bild mit aufwendiger Retusche kann man durchaus 10-30 Minuten brauchen um jede einzelne Hauunreinheit zu retuschieren und Augenringe aufzuhellen. Hier ein kleines Verhältnis von 3 Bildern zu 1000 Bildern. Wenn ich für jedes der tausend Bilder 20 Minuten bräuchte und 3 Bilder in der Stunde schaffen würde, bräuchte ich 333 Stunden zusätzlich um diese Reportage zu bearbeiten.
Um das Ganze zu visualisieren – Ich müsste rund 14 Tage (à 24 Stunden lang) da sitzen und nonstop retuschieren. Ist jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber es sollte verständlich machen welche Arbeit hinter einer jeden Beautyretusche steckt und dass diese in keinem Verhältnis steht.
Wenn man für ein einziges bearbeitetes Passbild aus dem Studio um die Ecke 20,00 € bezahlt, müsste ich bei 1.000 Fotos das Zwanzigfache verlangen, also 20.000,00 €. Dann macht es ja doch Sinn, dass es Hochzeitsfotografen gibt, die 20000,00 € verlangen, oder? Weil dort vielleicht eben jedes Bild retuschiert wird oder analog fotografiert wird, wobei allein durch die Entwicklung der Filme immense Kosten entstehen, die den Preis rechtfertigen würden.

Dennoch bearbeite ich Fotos in Photoshop, ca. 10 Bilder pro Hochzeit, hauptsächlich vom Brautpaarshooting oder Portraitaufnahmen beim Getting Ready. Die Bilderauswahl liegt dann bei mir. Wenn ein Brautpaar zusätzliche retuschierte Bilder haben möchte, müssen sie extra berechnet werden. Für die 10 Fotos benötige ich in etwa 2-3 Stunden.

Ich benötige bis dahin zusammengerechnet 34 Arbeitsstunden.

Dann werden die Bilder vom Lightroom in voller Auflösung als .jpg auf den Rechner exportiert, Dauer in etwa 30 Minuten – 1 Stunde. Diese Bilder werden dann für den Kunden auf einen USB-Stick gezogen und in die Onlinegalerie hochgeladen, die auch in etwa 20-30 Minuten braucht.
Dann werden die Prints bestellt. In etwa 15 Minuten bin ich mit der Auswahl durch.
Einige Monate vorher, wenn der Vertrag unterschrieben wurde, bestelle ich bereits die Fotoboxen für die Paare.
Wenn die Prints per Post bei mir ankommen, kommt der USB-Stick, eine Danksagung und die Prints in die Box. Das Ganze wird frankiert und zur Post gebracht. Für diese Arbeitsschritte berechne ich 1 Stunde. Manchmal kommen die Bräute aus meiner Stadt, sodass wir manchmal die Übergabe persönlich machen können und wir somit nochmal 1-2 h alles Revue passieren lassen.

Insgesamt arbeite ich also an jeder einzelnen Hochzeitsreportage mindestens 31,5 Stunden!!! (Wenn ich die 3,5 Stunden Anfahrt nicht dazu addiere)

Bevor wir den Nettobetrag von 1.246,50€ durch die 31,5 Stunden rechnen, müssen die anteiligen Fixkosten abgezogen werden.

Da wir in der Hochzeitsbranche saisonal bedingt arbeiten, nehmen wir zwischen 20-30 Hochzeiten pro Saison an. Für andere Dimensionen müsste man Assistenten einstellen, Räumlichkeiten zum Arbeiten mieten und zusätzliches Equipment, wie Computer, Kameraequipment zur Verfügung stellen. Das wäre aber eine ganz andere Rechnung und wir gehen von einer Einzelperson aus. Also nehmen wir die jährlichen unternehmerischen Fixkosten (keine privaten Fixkosten) und rechnen sie durch 25 Hochzeiten. Wenn ich 4.525,48 € durch 25 Hochzeiten rechne sind es 181,02 € Fixkosten, die für jede Hochzeit bezahlt werden müssen.

Wenn ich also 181,02€ von unserem letzten ausgerechneten 1.246,50 € Betrag abziehe, bleibt ein Betrag in Höhe von 1.065,48 €. Diesen Betrag müssen wir durch die tatsächlich angefallenen Stunden dividieren, also 1.065,48€/31,5 Stunden ergibt sich der tatsächliche Stundenlohn von 33,82 €.

Von diesem Lohn müssen Krankenversicherungsbeiträge, Rentenversicherung, Pflegeversicherung bezahlt werden, Lebenshaltungskosten im Allgemeinen (Miete, Lebensmittel, Strom) Betriebskosten, Autoanschaffungskosten,Versicherung, Steuer Kitagebühren, Kleidung, Schulbücher, Benzinkosten…etc.

Von diesem Stundenlohn müsste ich mein Equipment( 24.000,00 € Netto), Weiterbildung (3.781,51 € Netto) und sonstige Ausgaben (1.486,55 € Netto) bezahlen.

Natürlich müsste man noch laufende Abschreibungen beachten, dennoch ist es ein ungefährer Richtwert für kreative Arbeit, die man unter Umständen sofort abrufbereit halten muss.

All das wäre gar nicht möglich gewesen, wenn ich als frischer Betriebswirt ohne Privatvermögen in die Selbstständigkeit gegangen wäre. Im ersten Gründungsjahr habe ich parallel Vollzeit im öffentlichen Dienst gearbeitet (mit einem Arbeitsweg von 40 Minuten hin und 40 Minuten zurück) und all die Hochzeiten dennoch begleitet. Trotz der doppelten Belastung hatte ich die Verantwortung für meine 2 Kinder, meine Beziehung und das Haus mit Garten. Das war hart, sehr hart sogar. Rückblickend kann ich sagen, dass es nötig war um schnell zu wachsen, dennoch war es sehr anstrengend für die gesamte Familie.

 

Neue Betriebswege schaffen:

Und weil aus den lukrativen 250,00 € die Stunde plötzlich 33,82 € wurden, wird wahrscheinlich jedem Endverbraucher, der kreative Arbeit wertschätzt, relativ schnell klar, dass der vermeintlich teuere Fotograf gar nicht so teuer ist.

Mir tut es unheimlich leid, dass sich alle Fotografen ständig erklären müssen, warum sie diesen oder jenen Betrag aufrufen. Es gibt Kunden, die können es sich nicht leisten solch einen Fotografen zu engagieren, klar. Aber es gibt auch jene, die sich Eheringe für 4.500,00 € kaufen, aber für den Fotografen nicht mehr als 300,00 € ausgeben wollen. Nur um das Ganze mal ins Verhältnis zu setzen. Es ist dann ok, es ist eben nicht meine Zielgruppe.

Wie halten sich also diese Fotografen am Leben? Sie eröffnen neue Betriebswege. Sie verkaufen Ihre Workshops, eigene erstellte Presets, verkaufen vorgefertigte Verträge, Vorlagen usw.

Natürlich könnte jetzt der Einwand kommen: “Aber Ihr arbeitet doch nur von April bis Oktober, was macht Ihr die restlichen 5 Monate?”

Nun, zum einen arbeiten wir im Sommer, also 7 Monate lang, 12-16 Stunden am Tag und das 6 Tage die Woche. An den Sonntagen bin ich platt von dem Hochzeitswochenende, an dem ich 10-20 km auf- und abgelaufen bin, bei 30-40 Grad im Schatten. Wenigstens an einem Tag in der Woche möchte man die Zeit mit der Familie verbringen, wenn man sie sonst den ganzen Sommer vernachlässigt.

In der Nebensaison brauchen wir auch mal 2-3 Wochen Urlaub um die Kreativität nicht völlig zu vergraben. Wir brauchen Zeit um runterzukommen, aber auch um Inspirationen zu sammeln. Um Styledshoots zu planen, um Dinge zu fotografieren auf die man Lust hat.
Aber auch um die besagten 25 Brautpaargespräche zu führen, die Homepage zu aktualisieren, Hochzeitsmessen zu planen und zu organisieren, das ganze Material für die nächste Saison vorzubereiten, auf Meet-ups zu fahren um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und um auf neue Ideen zu kommen. Wir wollen andere Dienstleister aus der Hochzeitsbranche akquirieren und kontinuierlich an dem Vorwärtsbringen des eigenen Unternehmens arbeiten. Natürlich versuchen wir weiterhin auch Shootings anzubieten – Engagement Shootings, Babybauchshootings, Weihnachtsaktionen, After Wedding Shootings usw.

Ich danke allen, die sich Zeit genommen haben diesen Beitrag zu lesen.
Ich danke meinen Brautpaaren, die mir Ihr Vertrauen schenken und die Preise nicht in Frage stellen.
Ich danke meiner Familie, die mir stets den Rücken frei hält und meinen Freunden, die es akzeptieren, dass ich von April bis Oktober keine Zeit für sie habe.

Ich appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen, sich nicht unter Wert zu verkaufen, Mut zu fassen und die eigenen Preise genau zu kalkulieren.

Fotograf zu sein ist ein wertvoller Beruf, wir können Erinnerungen einfrieren, Emotionen und Menschen für immer lebendig festhalten!

PS: Hinterlasst mir gern Feedback zum Blogeintrag, ich freue mich riesig über Eure Kommentare.

Eure Jana

 

KOMMENTARE
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Ein toller Artikel. Ich glaube, wir fotografen sind die einzige Berufsgruppe, die sich ständig für ihre preise entschuldigen muss.Du machst wunderschöne Fotos und deine Honorare sind völlig gerechtfertigt. Mach weiter so – merkwürdige Kunden wird es immer geben.

EIn unfassbar guter Beitrag! Du hast so recht, das sind alles Dinge, die niemand sieht (und niemand interessieren, wenn sie einen auf einer Hochzeit ansprechen). Ganz wunderbar formuliert und geschrieben! ♥

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